Meditieren ist das neue Joggen

Wenn du schon einen MBSR-Kurs besucht hast, ist es gut möglich, dass du danach eine positive Veränderung bei dir bemerkt hast.

Vielleicht hast du mehr Freundlichkeit dir selbst und deinem Umfeld gegenüber gespürt.

Oder du hast wieder mehr freudvolle Momente im Alltag erlebt.

Vielleicht fiel es dir leichter, einen Raum zwischen Stressauslöser und Stressreaktion zu schaffen.

Oder vielleicht konntest du besser mit einer chronischen Erkrankung, Sorgen oder depressiven Phasen umgehen.

Vielen meiner Absolvent/innen geht es so. Und dennoch stehen viele von ihnen nach dem MBSR-Kurs vor einer Herausforderung: Im Laufe der Zeit nimmt die Achtsamkeitspraxis wieder ab, die positiven Effekte verblassen.

Kann es sein, dass es mir einfach an Disziplin fehlt?

Das glaube ich nicht. Immerhin hast du völlig freiwillig ein sehr intensives, achtwöchiges Achtsamkeitsprogramm abgeschlossen...

Stattdessen fehlt dir wahrscheinlich sozialer Rückhalt und der Austausch mit Gleichgesinnten.

Es gibt möglicherweise nur wenige Menschen in deinem persönlichen Umfeld, die dein Interesse an Themen wie Achtsamkeit, Mitgefühl und Selbstfürsorge teilen oder deine Erfahrungen mit dem MBSR-Kurs und Meditation verstehen.

Auch heute ist eine Meditationspraxis für viele Menschen noch etwas Exotisches. So wie es der Gang ins Fitnessstudio oder die Runde Joggen oder Radfahren einst waren. Fitnessstudios zum Beispiel haben erst in den 70er Jahren (!) die Masse der Bevölkerung erreicht (McFit wurde erst 1997 gegründet), zur selben Zeit gewann auch Joggen an Popularität. Heute gehört beides ganz selbstverständlich zum Leben vieler Menschen dazu.

Schön illustriert wird das im Bestseller "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus, in dem Calvin von allen Seiten schief angesehen wird, weil er zum Spaß "Rennen" geht. Die Geschichte spielt in den 1950ern in den USA. Foto via mashable.com

Warum ist es so schwer, mir im Alltag Zeit für die Meditationspraxis freizuschaufeln?"

Unter anderem, weil die soziale Unterstützung fehlt! Ohne sozialen Rückhalt neigen wir alle dazu, die Praxis nach und nach zu vernachlässigen. Meditation wird dann nur noch beiläufig praktiziert, oder wenn es gut passt (und ganz ehrlich, wann ist das schon der Fall?). Andere Aktivitäten rücken auf der Prioritätenliste nach oben.

"Ich bin mal kurz eine Runde joggen."

"Sorry, ich komme nachher ein bisschen später, bin noch im Fitnessstudio."

"Passt du bitte heute Abend auf die Kinder auf, ich gehe zum Sport."

"An dem Wochenende habe ich leider keine Zeit, ich laufe einen Halbmarathon."

Diese Sätze lösen wahrscheinlich Verständnis und Anerkennung in dir aus, oder? Die jeweilige Person tut etwas für ihre Gesundheit, ist diszipliniert und hat alleine dadurch, dass sie viel Sport macht, möglicherweise einen hohen sozialen Status.

"Ich bin mal kurz eine Runde im Hier und Jetzt."

"Ich komme ein bisschen später, ich bin noch an einem Ort, an dem alle schweigen und nichts tun."

"Passt du bitte nachher auf die Kinder auf, ich setze mich alleine in ein Zimmer auf ein Kissen."

"An dem Wochenende habe ich leider keine Zeit, ich bin auf einem Retreat."

Was lösen diese Sätze in dir aus? Auch Verständnis und Anerkennung? Verwirrung? Ungläubigkeit? Vielleicht sogar Ärger?

Auch diese Personen tun etwas für ihre mentale und körperliche Gesundheit, sind diszipliniert und tragen wahrscheinlich zu einem besseren Miteinander in ihrem Umfeld bei.

Ich hoffe sehr, dass in ein, zwei Jahrzehnten auch diese Aussagen zur Meditation ganz beiläufig im Alltag der meisten Menschen fallen. 😉

Sport machen wir oft gemeinsam mit anderen und ganz selbstverständlich in der Öffentlichkeit. Meditation praktizieren wir eher alleine im stillen Kämmerlein.

Meditierende Menschen sehe ich im Park noch nicht so oft wie joggende Menschen! Foto von Vlada Karpovich via Pexels

Was geschieht, wenn die Achtsamkeitspraxis - aufgrund der fehlenden sozialen Unterstützung - in deinem Alltag in den Hintergrund rückt?

Die positiven Effekte beginnen zu verblassen. Die Folgen sind vielfältig: Stress und Unruhe nehmen wieder zu, deine mentale Gesundheit leidet, und stressbedingte körperliche Symptome treten wieder häufiger auf. Du merkst vielleicht, dass du in herausfordernden Situationen nicht mehr so gut gewappnet bist wie zuvor, grübelst vermehrt oder schläfst wieder schlechter.

Eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis ist wie ein Fallschirm, den wir uns für schwierige Zeiten weben. Ohne sie riskierst du, dass die positiven Veränderungen, die du erlebt hast, verloren gehen. Und gerade für Krisenzeiten bist du dann nicht gut vorbereitet.

Genau hier setzt die Jahresgruppe Achtsamkeit an. Sie richtet sich an Menschen, die nach einem MBSR-Kurs positive Veränderungen erfahren haben. Die Jahresgruppe bietet dir einen stützenden Rahmen für deine regelmäßige Praxis und hilfreichen Austausch mit Gleichgesinnten – ähnlich wie eine Laufgruppe, nur mit einem klaren Fokus auf Achtsamkeit und inneres Wachstum.

Ich vermute, dass du im Laufe des Jahres eine stärkere soziale Verbundenheit spüren wirst, weniger Stress empfindest, deine mentale Gesundheit stärkst und besser mit stressbedingten körperlichen Symptomen umgehen kannst.

All das trägt dazu bei, dass du auch in deinem Umfeld wirksamer und ausgeglichener agierst.

Und am wichtigsten: Du lernst, immer wieder eine tiefe Zufriedenheit zu erleben, egal was das Leben für dich bereithält.

Hört sich gut an? Wenn du nach einem MBSR-Kurs nach einem Vertiefungsangebot suchst, schau dir die Jahresgruppe Achtsamkeit an!

Suzan Wolf

Suzan Wolf ist Psychologin (M.Sc.) und zertifizierte Achtsamkeitslehrerin.
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